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  • AutorenbildChristine Dicker

Hersteller setzen auf Schokolade ohne raffinierten Zucker

Aktualisiert: 28. Mai 2021

- HINTERGRUND -

 

tischgespraech.de schaut immer wieder einmal über den Tellerrand. Heute fällt unser Blick dabei auf Schokolade. Warum das denn? Ganz einfach, weil sich in dem Markt gerade sehr viel tut. Statt Zucker wird mit dem Saft oder der Pulpa der Kakaofrucht gesüßt - das ist eine absolute und vor allem nachhaltige Innovation. Oder es gibt mit Datteln oder Ahornsirup gesüßte Schokolade. Spannendes Thema, denn wer kann bei Schokolade schon nein sagen?


Kakaosaft sorgt für die Süße


Vor kurzem machte Rittersport Schlagzeilen mit einem cleveren Marketinggag: Das Unternehmen stellte mit Cacao y nada seine erste mit Kakaosaft gesüsste Schokolade vor. Die gab es zwar nirgends zu kaufen – die erste Marge war gerade mal auf 2300 Stück begrenzt – aber war dennoch in aller Munde. Denn das Unternehmen behauptete, dass diese quadratische Tafel nicht Schokolade genannt werden dürfe, weil sie keinen Zucker enthalte. Stimmt nicht, aber die Aufmerksamkeit war auf das neue Produkt gelenkt.

Das Produkt trägt den Namen „Cacao y Nada“ und besteht erstmals zu 100 % aus Kakao. Zum Süßen wird natürlicher Kakaosaft verwendet, den Ritter in einem innovativen Verfahren auf der eigenen Plantage El Cacao in Nicaragua gewinnt. Der Name ist also Programm: Die Cacao y Nada enthält nichts anderes als Kakao. Sie besteht aus Kakaomasse, Kakaobutter, Kakaopulver und Kakaosaft. Anders als die bisher bekannten Schokoladen mit 99 oder 100 % Kakaogehalt schmeckt sie nicht bitter, sondern so pur und süß wie Schokolade schmecken soll.

Die Alfred Ritter GmbH & Co. KG baut selbst Kakao auf einer eigenen Plantage an. So ist die Idee entstanden, die natürliche Fruchtsüße aus der Kakaofrucht zu verwenden, nach dem Motto „From leaf to root“ Eine Kakaofrucht ist ungefähr so groß wie ein American Football und je nach Sorte grün, gelb, orange, rot oder violett. Öffnet man die harte Schale, kommt das weiße, etwas glibberige Fruchtfleisch, die Pulpa, zum Vorschein. Sie umschließt die Samen der Kakaofrucht, die Kakaobohnen. Nur diese Bohnen werden normalerweise genutzt. Sie werden fermentiert, getrocknet und zu Kakaomasse oder Kakaobutter verarbeitet, woraus dann zum Beispiel Schokolade wird. Von einer Kakaofrucht wird also nur ein kleiner Teil verwendet. Der Rest ist Abfall. „Nicht wirklich zeitgemäß“ dachten sich die Kakaoexperten bei Ritter Sport und suchten nach Möglichkeiten, die ganze Frucht zu verarbeiten.


Auf El Cacao, der Ritter Sport Kakao-Farm im Osten Nicaraguas, werden die Schalen kompostiert und führen so wichtige Nährstoffe für die Kakaobäume wieder in den Boden zurück. Außerdem dienen sie Insekten als Lebensraum, die für die Bestäubung der Kakaoblüten gebraucht werden. Und das Fruchtfleisch oder besser der Kakaosaft? Der fließt üblicherweise bei der Fermentation einfach ab, obwohl er fruchtig-süß schmeckt und ein wenig an Litschi erinnert. Auf El Cacao wird der Saft jetzt aufgefangen, gefiltert und pasteurisiert. Bis vor einem Jahr waren in der EU nur die Bohnen der Kakaofrucht als Lebensmittel zugelassen. Dabei ist der Kakaosaft ein echtes Multitalent. Man kann ihn zum Beispiel als Schorle trinken, ihn zu einer Art Wein verarbeiten oder zu Schnaps destillieren. Oder man nutzt ihn zum Süßen. Cacao y Nada zeigt, was bei Schokolade möglich ist, wenn man die üblichen Wege verlässt.


Mittelfristig soll die neue Rittersport wieder erhältlich sein, gut, dass auch Lindt & Sprüngli eine Schokolade auf den Markt gebracht haben, die ebenfalls mit Kakaofruchtpulver gesüsst ist. Die Schweizer haben zwar nicht so laut getrommelt wie Rittersport, aber deren Schokolade gibt es zumindest ab Mai wieder zu kaufen.


Nur Kakao und Koa Powder

Die Schokolade von Lindt & Sprüngli besteht also ausschließlich aus Kakao. Anders als bei Rittersport wird bei den Schweizern nicht der Saft der Kakaofrucht verwendet, sondern das getrocknete Fruchtfleisch. Dieses bezieht das Schweizer Unternehmen vom Startup Koa. Aber das lassen wir besser Anian Schreiber, den Mitgründer und Geschäftsführer des Schweizer-ghanaischen Startups Koa, erklären: Der schwärmt, dass die Verwendung des Kakaofruchtfleisches der Schlüssel zu nachhaltiger, gesunder und feiner Schokolade sei. Denn Schokolade besteht neben Kakao und Kakaobutter eben aus Zucker – der sorgt für die Süße. Die steuert in den neuen Produkten nun das Fruchtfleisch der Kakaobohne bei.


Bisher konnte das Fruchtfleisch, auch Pulpa genannt, das die Kakaobohnen umhüllt, in den Anbauländern nicht verarbeitet werden. Es fehlten sowohl die Infrastruktur und die Technologie. Bei der konventionellen Kakaoverarbeitung wurde lediglich ein kleiner Teil der weissen Pulpa für die Fermentation verwendet. Das Startup Koa, das seinen Sitz in Zürich wie auch in Accra in Ghana hat, hat nun einen Weg gefunden, dieses Fruchtfleisch in Zusammenarbeit mit Kleinbauern schonend zu verarbeiten.


Das Ergebnis ist ein zu 100 % natürliches und schonend getrocknetes Kakaofruchtfleisch, das Koa Powder. Das tropisch-fruchtige Pulver eröffnet neue Möglichkeiten für Schokoladenprodukte und Backwaren. Es ersetzt zum Beispiel den herkömmlichen raffinierten Zucker, schafft ganz neben neue Aromaerlebnisse und beweist, was nachhaltige Wertschöpfung in den Kakaoanbauländern wirklich bedeutet.


Der Schweizer Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli hat daraus die Excellence Pur kreiert, die zu 82 % aus Kakaobohnen und zu 18 % aus Koa Powder besteht. Liebhaber dunkler Schokolade werden sich freuen, verspricht der Hersteller doch eine außergewöhnliche Geschmacksreise. Wer die testen will, der muss bis Mai warten, laut dem Hersteller ist sie dann wieder verfügbar.


Süßen mit exotischen Früchten


Neue Wege geht auch die Zotter Schokolade GmbH. Mit der „Quadratur des Kreises“ präsentiert das österreichische Unternehmen eine neue Schokoladenlinie, die rund ums Thema Zucker kreist. Zu der gehören elf Schokoladen, die mit Zuckeralternativen, mit Null-Kalorien-Süße oder ganz ohne Zuckerzugabe punkten. Und das geht so: Mit dabei ist eine zu 100 % dunkle Schoko ohne Zuckerzugabe sowie eine Milchschokolade ohne Zuckerzugabe. Wobei ohne Zuckerzugabe bedeutet, dass kein Zucker zugesetzt wird. Völlig zuckerfrei sind die Schokolade nie, da die Kakaobohnen von Natur aus rund 1 % Zucker enthalten. Auch in der Milch steckt Milchzucker, der eine leichte Süße erzeugt, selbst wenn kein Zucker zugesetzt wird.

Außerdem gibt es noch die dunkle Schoko mit Kokos-Mango, deren leichte Süße allein durch exotische Früchte entsteht. Die Kreation ist zudem auch noch vegan. Zotter hat zudem noch Schokos mit Null-Kalorien-Süße als weiße und dunkle Schokolade, die mit Biosüße (Erythrit)gesüßt sind. Das schmeckt ähnlich wie Zucker, hat aber keine Kalorien. Und dann setzt der Schokoladenhersteller noch auf Zuckeralternativen wie Ahornzucker, Kokosblütenzucker, Dattelzucker und natürlichen Zucker, der nicht raffiniert wurde. Viele der Sorten sind vegan wie die fruchtige Waldbeer-Kokos mit Dattelzucker und die süße Kokos-Karamell mit Kokosblütenzucker. Alle Schokoladen werden Bean-to-Bar, sprich von der Bohne weg, in der Schokoladen Manufaktur hergestellt. Sämtliche Zutaten sind bei Zotter bio-zertifiziert und fair gehandelt.

Und auch die Franzosen mischen bei Schokoladeninnovationen kräftig mit. Das Unternehmen Valhrona hat mit Amatika 46 % seine erste vegane Grand-Cru-Schokolade auf den Markt gebracht – laut Firmenmitteilung liefert sie den Geschmack, die Farbe und vor allem den Schmelz von Milchschokolade, verzichtet aber völlig auf tierische Bestandteile. Sie ist als vegane Schokolade zertifiziert. Und das geht so: Die Amatika 46 % besteht aus reinen Madagaskar-Kakao (ist damit also auch sortenrein) sowie aus Mandeln. Diese sorgen dafür, dass der für Milchschokolade typische Geschmack und Schmelz entsteht. Verarbeiten lässt sich das neue Produkt wie dunkle Kuvertüre, angeboten wird es aktuell im Block. Aktuell ist die neue Sorte ausschließlich für die Patisserie und Chocolatiers verfügbar.



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