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  • AutorenbildHartmut Kamphausen

Der Anfang vom Ende des Konsums?

Aktualisiert: 12. März 2019

- CATEGORY: HINTERGRUND -


 

Uns erwartet das Ende des Konsums, wie wir ihn heute kennen. Dies und nichts weniger postuliert die neue Studie, die gemeinsam vom GDI Gottlieb Duttweiler Institute und der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft jetzt herausgegeben wurde und den naheliegenden Titel „Das Ende des Konsums“ trägt. Mit diesem Ende wird nach Ansicht der Autoren auch der Handel aufgelöst. Verantwortlich für den Wandel sind neue Technologien und eine nachlassende Bedeutung von Besitz.


Die Studie untersucht die Entwicklung des Handels in den kommenden drei Jahrzehnten. Sich diese Zukunft, so die Studie, lediglich als eine lineare Zunahme des Online-Handels vorzustellen, dem eine gewisse Anzahl konventioneller Läden zum Opfer fällt, greift viel zu kurz. „Wir befinden uns am Anfang einer Transformationsphase, die zur «Entortung» des Konsums führt. Das Handelsunternehmen der Zukunft werde in erster Linie ein Technologieunternehmen sein, das auch noch Handel betreibt“, so die Autoren. Vor allem zwei Faktoren sehen sie dafür als ausschlaggebend an: Zum einen die Verschiebung vom Besitzen zum Nutzen, zum anderen den technologische Fortschritt, der die gesamte Wertschöpfungskette transformieren wird. „Von Mixed Realities und dem Internet der Dinge über Künstliche Intelligenz bis zur Neurotechnologie konfigurieren neue Treiber den Konsum um. Von dem, was wir heute als Produkte, als Läden und als Handel kennen, wird dereinst nicht mehr viel übrig sein“, stellt die Studie fest. Zwar würden Menschen weiterhin physische Grundbedürfnisse durch Waren befriedigen. Doch die Art, wie Begehrlichkeit für diese Waren geweckt, durch welche Lieferkette sie geschleust werden und wie sie zum Konsumenten gelangen, veränderten sich grundlegend.


Beispielhaft wird in „Das Ende des Konsums“ an der Musikindustrie abgelesen, wie sich der vertraute Warenfluss des einstigen Dream-Teams Produktion–Handel–Konsument verändern wird. Nicht mehr jeder Nutzer besitzt seinen eigenen Tonträger, vielmehr sind über die Streaming-Technologie alle Produkte jederzeit für alle verfügbar. Die Funktion des Handels wurde dabei nahezu ausgelöscht. Die «Spotifyisierung» einer ganzen Branche lässt erahnen, dass sich das Muster auf andere Bereiche übertragen lässt. Zumal die Konsumenten, zumindest in den westlichen Gesellschaften, im Warenüberfluss leben. Es wird vermehrt vom Besitzen zum Benutzen übergegangen. Gleichzeitig werden die Menschen von Produkten, Dienstleistungen und Infrastrukturen umgeben sein, die im Internet of Anything (IoAT) miteinander kommunizieren, ohne dass sie es auch nur bemerken.


Leistungsfähigere Systeme, unterstützt durch die Möglichkeiten von 5G, führen dazu, dass sich Technologien wie der 3D-Druck in der Fläche durchsetzen – in einer Art, die den «Prosumer» zur Realität werden lassen: den Konsumenten, der Güter nicht nur verbraucht, sondern sie selber ersinnt, produziert und vermarktet.


Das Hirn wird zum Point of Sale


Das Szenario, das die Studie aufzeigt, erscheint derzeit noch entfernt, die Ansätze sind aber klar zu sehen: „Die heutigen Krücken des Internets – Mobiltelefone, Tablets, Voice-Assistenten – verflüchtigen sich. Im Zeitalter der grossen Verknüpfung werden die meisten Menschen eine direkte, kabellose Hirn-Computer-Schnittstelle aufweisen. Damit verschränken sich die reale und die virtuelle Welt des Konsums in einer Art, in der sich digitale Produkte nach unseren Wünschen konfigurieren lassen.

Wenn sich die Produktion der Konsumgüter aus der physischen Fabrik in die Traumfabrik der Menschen verlagert, wandert die Ladentheke in die Köpfe der Menschen. Das Hirn wird zum Point of Sale. Dies wird neue Geschäftsfelder und -modelle schaffen. Dabei wird es sich um gänzlich neue Märkte aus den Bereichen synthetische Erfahrungen, Erinnerungen und Träume handeln, aus Bereichen wie Unterhaltung und Spiele, Bildung, Lernen, Kunst und Liebe.“


Datenreichtum - Datenarmut


Einen wichtigen Grundstein des radikalen Wandels sieht die Studie in der exponentiellen Steigerung der Rechenleistung, gekoppelt mit Innovationen in der Hardware: „Wenn es uns gelingt, mit den wachsenden Datenmengen und den technologischen Entdeckungen klug umzugehen, werden wir im Überfluss eines neuen Reichtums ankommen: im Datenreichtum. Wer hingegen nicht in der Lage ist, aus Daten entsprechend Kapital zu schlagen und sich weiterzuentwickeln, wird eine neue Form der Armut erleben: Datenarmut. Damit verbunden ist die Gefahr, die Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Denn die Kostenstrukturen der industriellen Welt werden mit dem noch möglichen Umsatzpotenzial nicht mehr finanzierbar sein.“


Das Fazit von „Das Ende des Konsums“: „Momentan befinden wir uns am Anfang einer Transformationsphase, die zur Entortung des Konsums führen wird. Die Länge dieser Phase ist schwer abschätzbar. Was klar ist: Die Veränderungen auf diesem Gebiet werden nie mehr so langsam geschehen wie in den letzten 25 Jahren.“ Abb.: GDI


www.gdi.ch



Das Ende des Konsums

Wenn Daten den Handel überflüssig machen

GDI-Studie Nr. 46 / 2019

Sprachen: Deutsch, Englisch (Veröffentlichung folgt in Kürze)

Herausgeber: GDI Gottlieb Duttweiler Institute, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Autoren: David Bosshart, Karin Frick, Stephan Fetsch, Holger Wildgrube




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