- KONZEPTE -
Wie geht es im Handel weiter? Eine Frage, die alle interessiert. Eines der möglichen Szenarien entwirft der Handelsexperte Uwe U. Klimach. Mit zahlreichen Beispielen wie es gehen kann. Und der Aufforderung, zu handeln. Aber lesen Sie selbst:
"Ich werde in diesen Tagen immer wieder gefragt, wie ich die Zukunft des Handels sehe und welche Veränderungen ich gerade wahrnehme. Aus meiner Sicht wird der Handel gerade ganz neu aufgestellt und noch nie zuvor hat es eine bessere Zeit für ihr Unternehmen und ihre Marke gegeben, um eine wirklich echte und tiefe Verbindung zu ihren Kunden aufzubauen. Die Entwicklung der Innenstädte, die Veränderung des Kauf- und Konsumverhaltens, die Zukunft des Warenhauses – das alles wurde doch bereits vor Jahren von der Trend- und Konsumforschung prognostiziert.
Covid 19 hat diese Entwicklung mit aller Wucht beschleunigt und für alle sichtbar und deutlich spürbar gemacht. Theatralisch können wir jetzt von der „Stunde Null“ sprechen – oder anders ausgedrückt: Die Karten werden gerade neu gemischt. Um es vorweg zu nehmen: Ich glaube an das Warenhaus in der Innenstadt, nur die Karstadts und Kaufhofs dieser Welt, wie wir sie heute kennen, sind ein Auslaufmodell. Die Corona-Krise beschleunigt das ohnehin unvermeidbare Ende dieser Form von Kaufhäusern. Es wird weniger Malls geben und die Fußgängerzonen werden interessanter werden; der Trend geht zu Flagshipstores und Vorzeigefilialen, Erlebniskaufhäusern, regionalen und individuellen Geschäften sowie ein individuelles Gastronomieangebot.
Innenstädte müssen wieder lebendiger werden
Filialisten werden ihr Sortiment noch individueller auf die regionalen Standorte anpassen und dadurch interessanter werden. Ferner werden gegebenenfalls auch überflüssig gewordene Flächen in Wohnraum umgewandelt; eine Entwicklung, die bereits renommierte Stadtentwickler voraussagen und begrüßen. Neuer Wohnraum bedeutet hier aber auch Kaufkraft. Mit dieser Entwicklung sind meines Erachtens neben den engagierten Händlern, Unternehmern und Gastronomen vor allem auch Politik, Gesellschaft und Kirche gefordert.
Auch Gewerkschaften hatten in der Vergangenheit durchaus ihre Berechtigung und viel Gutes erreicht, gar keine Frage. Heute jedoch haben sie den Charme von Braunkohle und Dieselfahrzeugen und gehören somit auch zum Auslaufmodell. Die Attraktivität der Innenstädte wird nur gelöst, wenn wir alle über ein Ladenöffnungsgesetz anstatt über ein Ladenschlussgesetz diskutieren und Lösungen finden, die Städte attraktiv und lebendig zu halten und Kaufanreize zu bieten, das gilt insbesondere auch an den Wochenenden, sowie Sonn- und Feiertagen.
Gesucht: Lieblingsstücke
Die von mir sehr geschätzte Trendforscherin Li Edelkoort spricht in der aktuellen Textilwirtschaft z.B. auch von mehr Optimismus anstatt von Angst. Wir werden eine neue Form von Entschleunigung erleben und Unternehmen und Marken mit einer Identität sowie das Handwerk und der Minimalisums werden an Bedeutung gewinnen. Wir werden wieder Beziehungen zu Marken und Menschen aufbauen und Dinge wertschätzen. So sagt Edelkoort z.B. der Konsumgüterindustrie voraus, dass die Menschen wieder Lieblingsstücke entdecken, die sie schätzen und pflegen werden.
In diesem Zusammenhang werden m.E. im Handel und in der Gastronomie überarbeitete Konzepte notwendig. Identitätsorte mit den besonderen Momenten und Erlebnissen. Einkaufen wird zukünftig noch mehr mit Gefühl verbunden sein. Damit verändert sich auch die Rolle, die Marken in unserem Leben spielen. Mehr denn je erwarten Menschen heute, dass Marken für mehr stehen, als nur für die Produkte, die sie verkaufen. Wir wollen uns an den Marken orientieren, die wir verstehen und die wir gut finden. Wir suchen nach Marken, die unsere Persönlichkeit, unsere Werte und unsere Leidenschaften widerspiegeln. Wir werden zukünftig noch mehr diese Marken nutzen, um unserem Umfeld und der Welt zu vermitteln, wer wir sind und woran wir glauben.
Ohne Storytelling geht es nicht
Wenn Sie mit Ihrem Unternehmen und Ihren Produkten oder Ihrem Service Ihre Konsumenten bereichern, haben Sie auch eine gute Geschichte zu erzählen. In Zukunft wird Storytelling auf ehrlichen Werten und Überzeugungen bauen. Dazu zählen ein gutes faires Produkt bzw. Sortiment, ein guter Service und Transparenz. Dazu Botschaften, die Bauch, Seele und Kopf erreichen. Machen Sie mit Ihrer Story Ihre Kunden auch zu Ihren Fans. Die Story ist alles, die Story ist Ihre Strategie und nach ihrer Unternehmerstrategie folgt die Unternehmensstrategie.
Wer jetzt immer noch der Stein-Strategie folgt mit „einfach mal abwarten, was passiert“, hat schlechte Karten. Jetzt ist mehr dann je handeln gefragt. Ich glaube auch an interessante Kooperationen. Mit neuen Partnerschaftsmodellen können Flächen kreativ bespielt werden und neue Zielgruppen gewonnen werden. An dieser Stelle sind unbedingt die Wachstumsbereiche Fahrrad, Küche, Kochen, Gedeckter Tisch, Essen & Trinken sowie Möbel und Garten zu nennen. Wer heute nicht auf diese Kategorien setzt, verpasst die Chance auf Umsatzwachstum.
Kooperationen im Handel
Interessant finde ich z.B. die Kooperationen zwischen Rose Bike und dem Modehaus Engelhorn in Mannheim. Auf einer Ausstellungsfläche von Engelhorn kann der Kunde vor Ort Bikes testen und bestellen, für den Rose-Kunden kein Problem, dass er das Rad nicht direkt mitnehmen kann, das ist auch in den eigenen Stores, die Rose selbst betreibt, Usus. Im besten Fall eine Win-WinSituation für beide Seiten. Rose hat einen zusätzlichen Touch-Point zu den Kunden und der Händler hat kaufkräftige Rose-Fans im Laden. Für den Händler ergeben sich neben der Umsatzprovision und Zusatzverkauf durch Zubehör und Service ein ganz entscheidender Mehrwert.
Standortwechsel Münster: Das renommierte und inhabergeführte Modehaus Schnitzler kooperiert mit dem Zustellservice via Rikscha von Leezenhereos und liefert innerhalb von 90 Minuten in Münster frei Haus. Damit schlägt das Textil (!) Unternehmen ein vollkommen neues Kapitel der Waren-Lieferung für Kunden auf. Und wenn Sie einen radikalen Einblick in die Markenführung erleben möchten, empfehle ich an dieser Stelle den Beitrag von Hubertus Bessau, dem Mitbegründer von Mymuesli. Hubertus stellt auf der Homepage persönlich seine Strategie und Vision vor. Einfach machen…. mit gutem Gewissen und natürlich mit viel Liebe.
Zusammengefasst also für Sie und Ihre Unternehmer-Story jetzt wichtig zu hinterfragen: Wie kommunizieren Sie heute? Was ist Ihre Story? Warum sind Sie so einzigartig und besonders? Warum muss man bei Ihnen einkaufen? Wie machen Sie Ihre Kunden zu Ihren Fans? Was macht Sie und Ihr Unternehmen so einzigartig? Warum haben Sie die besten Mitarbeiter? Gerne helfe ich Ihnen dabei, Ihre Story zu finden. Bleiben Sie gesund, einzigartig und im Veränderungsmodus! Ihr Uwe U. Klimach