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AutorenbildHartmut Kamphausen

Erst Frust, dann Motivation

- KONZEPTE -

 

Es war zur Primetime im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, in einer dieser Sondersendungen, die derzeit im Quotenranking weit vorne rangieren, in der der Buch- und Dekoladen von Ellen Nickles, der Buchladen Ruthmann, vorgestellt wurde. Vorgestellt als Beispiel, wie mit Engagement, treuen Kunden und Ideen die Auswirkungen der verordneten Geschäftsschließung ein wenig abgemildert werden können. Wir sprachen mit der Inhaberin über die Aktivitäten in Corona-Zeiten.


Die erste Reaktion, als Mitte März die Vorgabe zum Schließen der beiden Geschäfte, die Ellen Nickles gemeinsam mit der Mitinhaberin Grit Leoff in Mainz-Hechtsheim und Bodenheim betreibt, veröffentlicht wurde: Frustration. Dass daraus aber ganz schnell Motivation wurde, hat verschiedene gute Gründe. „Wir haben einen stabilen und aktiven Kundenkreis bei beiden Geschäften“, berichtet Nickles, zudem war der Buchladen Ruthmann mit einem großen Kunden-eMail-Verteiler und aktiven Facebook- und Instagram-Kanälen ausgestattet. Über diese Kanäle und Plakate in den Schaufenstern wurde der Hashtag #stayathomeandreadabook kommuniziert. Schnell hatte sich so herumgesprochen, dass die Kunden sich weiterhin Bücher und Produkte liefern lassen oder am Hintereingang der Geschäfte abholen konnten. „Der Zuspruch der KundInnen, die teilweise bewusst bestellt haben, um uns zu unterstützen, hat uns sehr motiviert“, so Nickles. Durch den TV-Beitrag und die lokalen Aktivitäten der Initiative „Hechtsheim hilft“ sei dies noch weiter verstärkt worden, ebenso durch einen Bericht in der lokalen Tageszeitung. Die Basis dafür wurde aber eindeutig vorher gelegt. Von Hamsterkäufen bei der geistigen Nahrung will Ellen Nickles nicht unbedingt sprechen, aber es zeigt sich, dass der Bedarf gerade in diesen Zeiten hoch ist. Deshalb reagiert man beim Buchladen Ruthmann mit Futter: „Wir sind gerade dabei, zusätzlich zu den Buchempfehlungen auf unserer Website einen Youtube-Kanal einzurichten, auf dem eine professionelle Sprecherin Bücher vorstellt und Passagen daraus vorliest“, berichtet Nickles. Ähnliches gibt es auch für die Kleinen, hier werden aktuelle und klassische Kinderbücher vorgelesen. Damit wolle man einen Beitrag zur Entlastung der Eltern geben, der auch sehr gut angenommen werde. Überhaupt würden Bücher für Kinder, Mal- und Bastelbücher derzeit ein stark nachgefragtes Segment bilden. Und auch Ostern bietet den Anlass für zahlreiche Bestellungen per Telefon, eMail oder Whatsapp. Medienwirkung unterschätzt Auch wenn die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten über Newsletter und aufwendig gestalteter Website, Facebook und Instagram schon vor Corona genutzt wurden, ist Ellen Nickles über den aktuell erzielten Effekt doch angenehm überrascht. Wo es vorher 1.000 Besucher gab, ist es heute die fünffache Zahl. Die Aktivitäten, die auch über die Phase der Geschäftsschließungen hinaus intensiver als vorher fortgesetzt werden sollen, sieht die Inhaberin aber auch mit einem hohen Aufwand verbunden, nicht zuletzt, um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden: „Es reicht nicht, einfach nur ein Buchcover zu fotografieren und zu posten. Und uns reicht das auch nicht. Die Inszenierungen, die wir mit viel Akribie in unseren Geschäften umsetzen, sollen sich auch dort widerspiegeln.“

Die Schlussfolgerung, das Online-Geschäft in Zukunft in den Vordergrund zu rücken, kommt, ganz abgesehen von der wirtschaftlichen Komponente, für Ellen Nickles aber nicht in Frage: „Es macht uns am meisten Spaß, mit unseren Kunden im Eins-zu-Eins-Gespräch gemeinsam am Bücherregal oder den Präsentationstischen zu stehen und sie zu beraten.“ Dabei schwingt die Hoffnung mit, dass mit der Wiedereröffnung der Geschäfte auch der Wunsch bei den KundInnen aufkommt, nach Herzenslust zu shoppen und sich inspirieren zu lassen. Das Zwischenfazit von Ellen Nickles nach drei Wochen der geschlossenen Geschäftstüren: „Man muss innovativ denken und aktiv bleiben. Aber“, so die Inhaberin, „das gilt es eigentlich zu jeder Zeit zu sein." www.buchladen-ruthmann.de




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