-EXKLUSIV: HINTERGRUND -
Die Zahl der deutschen Schneidwaren-Manufakturen ist in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen. Und die Zahl der mittelständischen Fachhändler, die für den Verkauf der Produkte aus deren Fertigung prädestiniert sind, ebenso. Welchen Stellenwert haben Manufakturprodukte heute und wie muss man sich als Manufaktur im Markt bewegen, um auch in Zukunft präsent zu sein. Wir sprachen darüber mit Dr.-Ing. K. P. Born, Geschäftsführer der Franz Güde GmbH, Solingen.
tischgespraech.de: Hat sich das Verhältnis der KonsumentInnen zu Manufakturprodukten in den letzten Jahren verändert?
Dr. Born: Wir müssen uns als Manufaktur darüber im Klaren sein, dass wir es mit einem besonderen Kundenkreis zu tun haben. Aber wir können feststellen, dass dieser Kundenkreis eine stabile Größe hat und dass Qualität und gerade Qualitätsprodukte aus einer handwerklichen Herstellung immer mehr geschätzt werden. Die Hochachtung, das ist unsere Erfahrung beispielsweise auch bei Tagen der offenen Tür, die wir regelmäßig durchführen, für Handwerksprodukten, nimmt zu, weil es in einer Zeit, aus der viele Produkte aus einer Massenfertigung kommen, als etwas Besonderes gesehen wird, bei dem für das investierte Geld ein realer Gegenwert geboten wird.
tischgespraech.de: Und ist auch die Haltung des Handels dazu anders geworden?
Dr. Born: Es ist ja immer die Frage, von welchem Handel wir sprechen. Die großen Onliner oder die großen Ketten interessiert die Frage nicht. Hier wird nur danach entschieden, ob ein Produkt verkaufbar ist und ob dafür die Zielgruppe gegeben ist. Anders sieht es natürlich beim qualifizierten Fachhandel aus, der selber sehr gut weiß, wie intensiv, aufwendig und teilweise mühsam das Arbeiten als kleines und mittelständisches Unternehmen ist. Hier ist der Stellenwert von Manufakturprodukten sehr hoch, die meist dazu dienen, das Sortiment in den einzelnen Segmenten nach oben zu ergänzen und dadurch eine gewisse Eigenständigkeit des Angebotes zu erzielen. Kaum ein Handelshaus setzt in seinem Angebot allein auf Manufakturprodukte, in den meisten Fällen werden die bekannten Marken von Generalisten als Anknüpfungspunkte für die Kundinnnen und Kunden genutzt.
tischgespraech.de: Und welche Rolle spielt das Made in Germany und Solingen für den Verkauf der Güde-Produkte?
Dr. Born: Das ist, nach wie vor, sehr wichtig. Viele Kundinnen und Kunden verbinden damit Qualität und manchmal auch ein Stück handwerkliche Arbeit. Und weil man die ständige Automatisierung und Roboterisierung der Produktion und die Reduzierung von Arbeitsplätzen nicht mehr unterstützen möchte, sucht man nach Signalen, die einem anzeigen, dass man mit gutem Gewissen kaufen kann. Vieles in diesem Bereich ist rational, aber ein gutes Stück auch emotional.
Was auf der rationalen Ebene in diesem Zusammenhang meiner Meinung nach z. B. erfolgen sollte, ist eine Aufklärung über die Kennzeichnungen, die auf den Produkten zu finden. Bei dieser Aufklärung kann auch der beratende Handel unterstützen. Denn es ist etwas ganz anderes, ob auf einem Produkt „Made from German Steel“ oder „Made in Germany“ steht.
tischgespraech.de: Wie wird sich Ihrer Einschätzung nach der Markt für Schneidwaren in den nächsten Jahren in Deutschland / der DACH-Region entwickeln?
Dr. Born: Das hat natürlich etwas mit Kaffeesatzleserei zu tun, die ich nicht betreiben möchte. Aber ich gehe davon aus, dass der Markt stabil bleibt, nicht zuletzt, weil das thematische Umfeld rund um „Kochen & Genießen“ weiter hoch im Kurs steht. Zusätzlich sehe ich, dass wir es als Manufaktur, wie bereits gesagt, mit einer spezifischen Kundenzielgruppe zu tun haben, die von konjunkturellen Schwankungen wie auch von modischen Erscheinungen weitgehend unabhängig ist.
tischgespraech.de: Welche Konsequenzen muss eine Premium-Manufaktur aus der kontinuierlich sinkenden Zahl von potenziellen Kunden-Kontakt- und Verkaufspunkten ziehen?
Dr. Born: Sicherlich nehmen auf der eine Seite die Verkaufspunkte ab, wir müssen aber auch sehen, dass sie an anderen Stellen wieder zunehmen. Manufaktum ist dafür ein gutes Beispiel mit inzwischen zehn Geschäften in Deutschland. In den großen Städten sehe ich überhaupt kein Problem, dass Kunden mit unseren Produkten in Kontakt kommen können. Bei den Mittelzentren sieht es da schon etwas anders aus. Hier gibt es Fachhandelsleuchttürme, die gut funktionieren, es gibt aber auch Mittelzentren, in denen Geschäfte schließen oder das Thema nicht mehr präsent ist. Dort hat man sich als Kunde aber mehr und mehr daran gewöhnt, in die nächstgelegenen Oberzentren zu fahren und dort einzukaufen. Insofern sehe ich zurzeit hier noch keine ernste Situation für unsere Marke. Wir unterstützen die Kunden aber bei ihrer Suche nach unseren Produkten zum Beispiel durch die Händler-Suchmaschine auf unserer Website.
tischgespraech.de: Wie sieht für Sie die ideale Zusammenarbeit mit dem
(Fach-)Handel aus?
Dr. Born: Bei den jeweils individuellen Gegebenheiten von einer Idealform zu sprechen, würde Vieles zu sehr verallgemeinern. Es gibt aber ein paar Voraussetzungen, die ich als Basis für eine gute und aktive Zusammenarbeit ansehe. Vor allem ist dies ein Besuch in unserer Manufaktur. Hier kann man erleben, wie viel Herzblut in unseren Produkten steckt. Ein solcher Besuch liefert die Informationen und Geschichten, die man als Fachhändler für das Gespräch mit dem Kunden braucht. Darüber hinaus liefern wir natürlich alles, was den Handel unterstützt: Filme, PoS-Präsentationen, umfangreiche Literatur. Diese Angebote, wie auch unsere Website, sollte der Handel kennen und nutzen. Entscheidend aber bleibt für mich das persönliche Erleben unserer Marke hier in Solingen.
tischgespraech.de: Blicken wir einige Wochen in die Zukunft: Was darf der Besucher der Ambiente am Güde-Messestand erwarten?
Dr. Born: Mit der Synchros-Serie haben wir in diesem Jahr eine Messerserie mit einer solchen Innovationsstärke vorgestellt, die aufgrund ihres hohen Potenzials auch auf der kommenden Ambiente im Fokus der Präsentation stehen wird. Ein Schritt, wie wir ihn mit Synchros gegangen sind, ist nicht mit einer Messesaison fertig kommuniziert. Darüber hinaus bauen wir das Thema PoS aus und zeigen in Frankfurt neue Lösungen für die Darstellung unserer Produkte im Geschäft.
Einen umfangreichen TV-Beitrag zur Messermanufaktur Güde können Sie am 15. Dezember 2019 um 20.10 Uhr auf n-tv sehen. Im Rahmen der Serie „Familiendynastien“ werden familiengeführte Unternehmen in Deutschland vorgestellt.