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  • AutorenbildChristine Dicker

Konzepte und Ideen für eine nachhaltige Mobilität in Städten

- HINTERGRUND -

 

Rund 700 Teilnehmende aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Bildung zählte der 15. Wissenschaftstag der Metropolregion Nürnberg, der am 29. Juli an der Hochschule Coburg stattfand. Vorgestellt wurden Ideen, Projekte und Konzepte zur Nachhaltigkeit in der Metropolregion – nach den allgemeinen Vorträgen wurden einzelne Themen in fünf Panels vertieft. tischgespraech.de hat das zum Thema „Mobilität, Stadt und Region“ besucht.


Und das war auf dem Campus der Hochschule sehr präsent: In Form von selbstfahrenden Bussen, mit denen jeder Teilnehmende eine Runde um das Gelände drehen konnte. Diese autonom fahrenden Shuttles – wie es korrekt heißen muss – kommen in den Städten Kronach, Rehau und Hof in ganz unterschiedlichen Bereichen zum Einsatz. In Kronach bringen sie Menschen auf die Festung Rosenberg, in Hof und in Rehau Kurende zu ihren Einrichtungen. Und es funktioniert – 99 % der Menschen, die in diesen Shuttle mitgefahren sind, empfehlen sie weiter. Kann das die Lösung für unsere Innenstädte sein?

Prof. Dr. Alisa Lindner, die an der Hochschule Coburg eine Professur für User Experience Design bei autonomem Fahren hat, und die das Panel leitete, sagt, dass dazu noch viel mehr erforderlich sei: „Eine nachhaltige Mobilität muss menschliche Bedürfnisse befriedigen, sonst gelingt sie nicht.“ Und dass das Mobilitätsverhalten von vielen Faktoren beeinflusst werde, wovon das Umweltbewusstsein nur eines davon sei.


Lindner veranschaulichte dies anhand der Pyramide von Maslow: Die Physiologischen Bedürfnisse sind die Basis. Hierzu zählt zum Beispiel der thermische Komfort. Das heißt, durch eine Begrünung der Städte lässt sich thermischer Stress reduzieren, was dazu führt, dass mehr Menschen zu Fuß und mit dem Rad unterwegs sind. Eine einfache, wirkungsvolle Maßnahme. Oder die zweite Stufe der Pyramide, das Sicherheitsbedürfnis: Hier kommen wir auf die eingangs erwähnten Shuttle zurück. Wie die Befragung ergeben hat, vertrauen die Menschen dieser Technik und nutzen sie. Das heißt, dass sie akzeptiert ist und dazu beitragen kann, den Indivdualverkehr zu reduzieren. Zu den beiden folgenden Stufen musste Lindner nichts ausführen, sie erklären sich von selbst. Erst der Spitze der Pyramide gebührt wieder Aufmerksamkeit: Der Selbstverwirklichung.


Lindner erklärte, warum diese etwas mit Mobilität zu tun habe: Die Teilhabe am öffentlichen und kulturellen Leben sei nur mit Mobilität möglich. Darum sei zum Beispiel das 9 Euro wichtig, darum seien zum Beispiel Radfahrkurse für Frauen mit Migrationshintergrund wichtig. Ihr Fazit: Nur wenn Grundbedürfnisse befriedigt sind, dann sind Menschen auch gewillt, neue Formen der Mobilität auszuprobieren. Das leuchtet ein.


Christian Loos vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) stellte anschließend die Arbeit dieses Vereins und dessen Forderungen vor – unter anderem sind das bessere Radwege und ein verbessertes Netz für Fußgänger. Denn zu Fuß unterwegs zu sein, sei die häufigste Form von Fortbewegung in Städten. Beim motorisierten Individualverkehr sei der Peak erreicht, laut VCD sollten die Investitionen in den Bau von Straßen eingestellt werden. Sicherlich eine These, der nicht jeder zustimmt.


Wer die Festung Rosenberg in Kronach besuchen will, der kann in ein autonom fahrendes Shuttle steigen und sich direkt in den Innenhof der Anlage bringen lassen. Foto: Wolfgang Eckert auf Pixabay

Spannend wurde es beim Zoom-Vortrag von Sascha Götz, Leiter der Stabstelle Smart City in Bamberg. Ziel dieses Projektes ist es, das Leben der Menschen in Bamberg besser zu machen. Dazu wurden sechs Cluster definiert, eines davon ist Mobilität. Wie zu allen anderen Clustern – die da sind Smart City Research Lab, Digital Health, Quartiersprojekte, Welterbe/Digitaler Zwilling sowie Bürgerbeteiligung/Bürgerservice - wurden Bürger dazu befragt, Stammtische gegründet. Alles mit dem Ziel, Lösungen zu finden, die tatsächlich den Bedürfnisse der Einwohner entsprechen. Im Juni 2022 wurde dann zum Cluster Mobilität der Verkehrsentwicklungsplan vorgestellt. Zu dem gehört unter anderem eine Mobilitäts-App, in der diverse Angebote verschiedenere Verkehrsanbieter gebündelt sind und mit der man auch buchen kann. Ein zweiter Bereich betrifft Mobility on demand, perspektivisch mit autonom fahrenden Fahrzeugen. Auch weil bereits heute Personal fehlt, um den Verkehr im ÖPVN gewährleisten zu können. Der dritte Punkt ist das Parkplatzmanagement – Ziel ist es hier, eine smarte Verbindung von ober- und unterirdischem Parken zu finden, um die Straßen möglichst frei von PKWs zu halten. Ein vierter Punkt betrifft die Verkehrslenkung am Kaulberg, ein Nadelöhr in Bamberg sowie die City-Logistik. Götz gab dann noch einen Ausblick in die Zukunft, in der er sich wünscht, dass selbstfahrende Einkaufskisten den Wocheneinkauf nach Hause bringen.


Zwischen Standstreifen und Überholspur – die Zukunft der Mobilität und Stadt verstehen und gestalten. Das war das Thema von Dr. Tanja Jovanovic, Bayern Innovativ, Leiterin Technologie- und Innovationsmanagement. Sie zeigte den Panelteilnehmern den Entwurf einer Trendstadt in Bayern, die vielleicht 2040 so bereits Realität sein könnte. Viele Ansätze in dem Panel sind zwar nicht neu, sie zeigen aber, was sich in den Städten gerade bewegt. Und das nicht nur denen der Metropol-Region Nürnberg, sondern in ganz Deutschland. Denn, das betonte auch Sascha Götz, der Austausch, das Netzwerken mit anderen Städte sei sehr intensiv.


Abschließend noch eine Erklärung, wie der Wissenschaftstag den Begriff Mobilität versteht: „Der Megatrend Mobilität beschreibt die Entstehung einer mobilen Weltkultur, welche durch neue Produkte und Services sowie Veränderungen im Nutzungsverhalten der Menschen geprägt wird. Die Begriffe postfossil, vernetzt und autonom werden postuliert. Gleichzeitig bremste die Covid-19-Pandemie den Trend der Urbanisierung und führte durch die Digitalisierung der Arbeitswelt zu einer Vermischung von Leben und Arbeiten, Stadt und Land. Die Fahrtzeiten von Pendler*innen steigen immer weiter und stehen für die Dezentralisierung. Gleichzeitig rücken Konzepte wie die 15-Minuten-Stadt in den Fokus. Aus diesen Entwicklungen ergeben sich verschiedenste Fragen: Wie können wir Lebens- und Arbeitsräume so gestalten und miteinander vernetzen, dass sie lebenswert sind? Wie können wir multimodale, nachhaltige Mobilität fördern? Und wie verbessern wir die Anbindung des ländlichen Raums an die urbanen Zentren?“ Einige Antworten dazu gab es am 29. Juli in Coburg.



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