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  • AutorenbildHartmut Kamphausen

Nicht zeitgemäße Konzepte verlassen den Markt

Aktualisiert: 13. Sept. 2021

- HINTERGRUND -

 

Neuer Name, neues Logo – trägt das zur Rettung der Warenhäuser in Deutschland bei? Wie diese aussehen kann und was die Warenhäuser für die Innenstadt und den innerstädtischen Handel bedeuten, wollten wir wissen. Deshalb haben wir beim IFH Köln nachgefragt und Antworten vom Geschäftsführer Boris Hedde erhalten.


tischgespraech.de: In Paris wird das „Samaritaine“ nach einem hunderte Millionen kostenden Umbau wieder eröffnet, in Deutschland verschwinden die Warenhäuser aus den Innenstädten. Wie passen die Entwicklungen zusammen?

Boris Hedde: Es stellt sich die Frage, ob die Entwicklungen nicht doch zusammenpassen. In einer Supermetropole wie Paris funktionieren Warenhauskonzepte, wenn sie klar auf bestimmte Nischen und Zielgruppen ausgerichtet sind. Schauen wir uns andere, oftmals kleinere Standorte an, so sehen wir ähnliche Bilder. Weltweit reduziert sich die Zahl der Warenhäuser. Oftmals fehlt die klare Positionierung, ein klar zugeschnittenes passgenaues Zielgruppenkonzept oder schlicht die ausreichende Zahl an örtlichen Besuchergruppen. Vielfach sehen wir Konzepte im Mittelpreissegment, die heute nicht tragfähig sind. Aber: Es war schon immer so, dass nicht zeitgemäße Konzepte den Markt verlassen.        

Historisch bildeten die Warenhäuser die Kristallisationspunkte in den Innenstädten. Foto: Pixabay/moerschy

tischgespraech.de: Wie viel „Schuld“ trägt der E-Commerce an der Entwicklung der Warenhäuser in Deutschland?

Boris Hedde: Natürlich ist es so, dass der Zielkauf in das Internet abgewandert ist. Früher gingen Kundinnen und Kunden in Warenhäuser, weil sie dort eine große Auswahl erwarteten. Heute ist diese Funktion durch das Internet bzw. durch die drin vertretenden großen Handelsplattformen ersetzt worden. Die dort anzutreffende Produktvielfalt kann durch kein stationäres Konzept jemals erreicht werden. Wenn also Vielfalt das Merkmal des Warenhauses ist, Vielfalt jedoch mit dem Internet verknüpft ist, ist der E-Commerce natürlich nicht „unschuldig“ an den Entwicklungen der Warenhäuser. Dies alleinig darauf zu beschränken wäre aber falsch. Vielmehr fehlt es Warenhäusern an neuen zielgruppenorientierten Konzepten, die Mehrwert außerhalb von Vielfalt bedienen.         


tischgespraech.de: Gibt es Warenhaus-Formate, die auch in Deutschland eine Perspektive haben?

Boris Hedde: Ich bin überzeugt, dass es nicht nur Formate geben wird, sondern dass wir auch schon erfolgreiche Formate haben. Entscheidend ist es, wie gut die Konzepte sind und wie gut die Zielgruppenpassung gelingt. Gerade im Hochpreissegment können Formate funktionieren, die, in Top-Metropolen gelegen, auch kaufkräftige Touristen adressieren. Es finden sich auch noch die Platzhirsche in kleineren Kommunen. Diese sind im besten Falle passgenau auf die regionalen Anforderungen ausgerichtet. Vielleicht finden wir in Zukunft auch Nischenangebote im Bereich Nachhaltigkeit oder für ausgewählte Liebhabersortimente.     


tischgespraech.de: Braucht der Innenstadt(fach)handel das Warenhaus?

Boris Hedde: Das Warenhaus als zentraler Ankermieter der klassischen Innenstadt hat ausgedient. Historisch gab es den Effekt, dass sich um das Warenhaus anderer Handel ansiedelte. Heute sucht der Handel die Frequenz, indem er den Anforderungen und den Bewegungsräumen seiner Kundinnen und Kunden folgt. Nicht umsonst sehen wir heute PopUp-Konzepte, die auf Festivals oder in Büroquartieren funktionieren. Nicht umsonst erfuhr der Handel an Hochfrequenzlagen an Bedeutung – wir müssen uns nur Bahnhöfe, Flughäfen oder Tankstellen anschauen. Ich persönlich denke, der Fachhandel braucht ein neues Gesicht und eine neue Strategie, die sich an den eigenen Stärken orientiert und nicht an erhoffter Frequenz von externen Handelsformaten.


tischgespraech.de: In welchem Warenhaus gehen Sie in fünf Jahren einkaufen und wo liegt dies?

Boris Hedde: Ich könnte mir ein Warenhaus vorstellen, dass nicht so heißen dürfte. Sind am Ende nicht auch Markthallen eine Art von Warenhäusern im Foodbereich? Diese könnten dann in den Gebäuden ehemaliger Warenhäuser verortet sein. Wenn es um Produktvielfalt geht – unabhängig vom Sortiment – wird mein Warenhaus sicherlich eine große Plattform sein, die ihren Ursprung zwar im Onlinehandel hat, aber auch begonnen hat, stationäre Geschäfte aufzubauen, in denen neben dem Shopping vor allem das Entertainment bzw. das gemeinsame Erlebnis im Fokus steht.  


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