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  • AutorenbildChristine Dicker

Bambusgeschirr in EU verboten

Aktualisiert: 6. Juli 2021

- HINTERGRUND -

 

Sie sind beliebt bei Handel und Verbrauchern: Die Becher, Teller und Tassen aus Bambusfasern. Weil sie leicht und nicht zerbrechlich sind sowie als umweltfreundlich gelten. Gerade letzteres Attribut trifft aber laut dem Bundesamt für Risikobewertung nicht zu, dieses ordnet Bambusgeschirr sogar als gesundheitsschädlich ein. Diese Bewertung hat dazu geführt, dass Hersteller solche Artikel nicht mehr in der EU vertreiben dürfen. Und der Handel darf sie nicht mehr verkaufen.


Das Thema Bambusgeschirr war schon häufiger in den Schlagzeilen, auch wir von tischgespraech.de haben bereits darüber berichtet. Ging es darum bislang stets um den Anteil der Melamine und weiterer Komponenten, die erforderlich waren, um den verwendeten Bambusfasern Stabilität zu geben, so geht es nun um die Bambusfasern selbst. Denn diese führen laut CVUA Stuttgart (Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart) dazu, dass die Migration – also der Übergang von Stoffen aus dem Produkt – bei Bambusgeschirr teilweise auffällig höher ist, als bei Geschirr, die ausschließlich aus Melaminen bestehen. Der als besonders nachhaltig deklarierte Anteil Bambus wird also vom CVUA in diesem Fall als nachteilig bewertet.


Statt auf Bambusfasern setzen Hersteller nun auf andere Materialen, wie zum Beispiel auf Stainless Steel. Foto: ppd

Aber auch die EU-Kommission beschäftigt sich mit dem Thema und hat angeregt, dass Naturstoffe in Kunststoffen nicht grundsätzlich unbedenklich sind. Dabei nutzt die EU eine botanische Besonderheit: „Bambus (Pulver oder Späne) fällt nicht unter FCM-Stoff-Nr. 96 („Holzmehl und -fasern, naturbelassen“) entsprechend Anhang 1 der VO (EU) Nr. 10/2011 (europäische Kunststoff-Verordnung) [2] und muss für die Verwendung in Kunststoffen gesondert zugelassen werden. Gleiches gilt für weitere pflanzliche Bestandteile (bspw. Reishülsen oder Weizenstroh), die bisher nicht in Anhang I gelistet sind.“ Bambus wird laut EU Kommission nicht als Holz, sondern als Grasfaser eingeordnet. Das heißt, dass dieser Stoff in der EU in Verwendung nicht zugelassen ist, ergo auch Produkte daraus nicht vertrieben werden dürfen.


Das Stuttgarter Amt CVUA hat 2018 erneut Melamingeschirr und Kunststoffgegenstände mit Bambusfasern („Bambusgeschirr“) auf den möglichen Übergang von Melamin und Formaldehyd ins Lebensmittel untersucht. Das Ergebnis: Beim Vergleich des Migrationsverhaltens der beiden Materialien sind Unterschiede zwischen herkömmlichem Melamingeschirr und solchem mit Bambusfüllstoffen zu beobachten. Das CVUA schreibt in seinem Bericht: Während Melamingeschirr in der 3. Migrationslösung zumeist keine Überschreitung des spezifischen Migrationslimits von Melamin von 2,5 mg/kg aufweist, sind die Übergänge bei Kunststoffgeschirr mit Bambusfaseranteil teilweise auffällig erhöht (vgl. unser Bericht aus 2017).


Daher sind weiterführende Untersuchungen durchgeführt worden mit dem Ziel, umfassende Informationen über das Verhalten des Übergangs von Formaldehyd und Melamin bei einem längeren Gebrauch des Bambusgeschirrs zu erhalten. Es stellte sich heraus, dass der Übergang an Melamin vom Geschirr in das Lebensmittel mit fortschreitendem Gebrauch in der Regel zunimmt.

Und weiter: Bedarfsgegenstände aus Melamin-Formaldehydharz (MF) sind thermisch instabil. Darauf hat bereits 2011 das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hingewiesen [1]. Da der Anteil an MF in Geschirr aus MF mit Bambusfüllstoff zwischen 5 % und 70 % beträgt, würde man auf Grund des geringeren Anteils an MF bei diesen Produkten eine niedrigere Migration von Formaldehyd und Melamin erwarten. Unsere Untersuchungen zeigen jedoch, dass dem nicht so ist. Es wurden bei den Proben mit Bambusfüllstoff in der 5. Migrationsprüfung höhere Übergänge als in der 3. Migrationsprüfung beobachtet. Mehr Infos finden Sie hier.


Was heißt das für den Handel? Georg Grünhoff, Abteilungsleiter für Produktsicherheits-, Datenschutz- und Verbraucherrecht beim Handelsverband Deutschland, weist darauf hin, dass Geschirr aus Bambus-Melamin-Gemisch nach Auffassung der Aufsichtsbehörden nicht mehr verkehrsfähig sei. Danach sei der Verkauf von Geschirr aus Bambus-Melamin im Handel nicht mehr gestattet. Die Behörden hätten zudem angekündigt, verstärkt zu kontrollieren.


Für Hersteller bedeutet das, nach Ersatz zu suchen. Wie uns Tobias Pommerich, Marketing Director der Paperproducts Design GmbH, mitteilt, habe man auf Becher aus Stainless Steel umgestellt. Diese Travel Mugs seien zwar um einiges teurer als die Bambusbecher, die man vorher angeboten habe, aber dafür eben gesundheitlich unbedenklich. Und noch zwei Vorteile: Der Verschluss dieser Becher – in denen man sein Getränk für unterwegs transportieren kann – ist schwappsicher, und natürlich sind die Becher nachhaltig, weil immer wieder verwendbar.



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