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Eine der meistgestellten Fragen in unserer Branche lautet: Was liegt im Trend? tischgespraech.de hat mit Natascha Glunz-Küpper, Inhaberin der Trendagentur glunzdesign, gesprochen. Sie ist weltweit unterwegs und hat uns verraten, was 2019 angesagt ist. Tipps für herausragende Fachgeschäfte sind auch dabei …
tischgespraech.de: Frau Glunz-Küpper, auf Ihrer Website schreiben Sie: „Der Trend. Er materialisiert sich aus Farben, Formen, Düften, Aromen, Strukturen, Stofflichkeiten. Seine vielfältige Ausprägung bezeichnet das weltweit aufkommende und existierende Lebensgefühl der Gesellschaften.“ Wo überall sind Sie unterwegs, um diese Eindrücke zu sammeln?
Natascha Glunz-Küpper: Wir sind in Städten, auf Messen – wie zum Beispiel der Design Week Mailand oder Eindhoven - , in Museen und Galerien unterwegs, schauen uns in der Gastronomie um und natürlich auch in Geschäften auf der ganzen Welt. Wir besuchen Metropolen wie Tokio und Kyoto, Kopenhagen und Stockholm sowie Städte in anderen nordischen Ländern. Aber auch Kapstadt, Marrakesch und London geben uns wichtige Impulse wie auch die Provence. Im Bauhaus-Jahr 2019 werden wir auch Tel Aviv besuchen.
tischgespraech.de: Wie sortieren Sie diese Vielzahl von Eindrücken und leiten daraus Trends ab?
Natascha Glunz-Küpper: Finden, filtern, fokussieren. Aus Impulsen werden Trends. Wir beobachten und erkennen weltweite Strömungen aus den Bereichen Wohnen, Mode, Textil, Schmuck, Architektur und Kulinarik. Die Materialien wie Farben, Stoffe, Kataloge, Fotos usw. aus allen Ländern werden sortiert. Dann wird das Ganze verdichtet in Form von Mood Boards, um die wichtigsten Trendthemen zu visualisieren. Dann geht es in die Ausarbeitung für das allgemeine Trendbuch + Trend Guidelines, die speziell auf unsere Kunden abgestimmt sind.
Die Technik des „taktilen MoodBoarding“ biete ich ab dem März 2019 für alle Interessierten an, die an kreativen Prozessen arbeiten. Moodbording unterstützt dabei, Trends zu visualisieren, Ideen zu präsentieren und Projekte zu gewinnen. Infos dazu gibt es hier.
tischgespraech.de: Spielen dabei auch Entwicklungen in der Gastronomie eine Rolle?
Natascha Glunz-Küpper: Aber ja! Auch hier lassen sich Trends ablesen. Ein Beispiel ist das Noma in Kopenhagen, das Gemüse selbst anbaut. So wird immer mehr Gemüse künftig aus dem eigenen Garten kommen, Köche sind heute auch Gärtner, Farm-to-Table und Mikrosaisons lauten die Trends dazu. Auch das Interieur des Noma ist richtungsweisend. Das Restaurant ist mit dänischem Kunsthandwerk in hellen natürlichen Farben ausgestattet. Bei den Materialen kommen Holz, Leder, Leinen und helle Ziegel zum Einsatz, für die Küche wurden Metallfronten gewählt. Die lange Theke besteht aus 200 Jahre alter Eiche. Im Gastraum stehen filigrane Möbel, das Design ist beeinflusst von den 1920ern, 1960ern und 1970ern Jahren. Das Essen wird auf mehr als 6000 verschiedenen Service-Teilen von 20 verschiedenen Keramikern serviert, dazu kommen mundgeblasene Gläser von Nina Nørgaard aus Dänemark. Übrigens sind die Produkte von dem dänischen Label KH Würtz DIE Keramiken der Sternegastronomie.
Ein weiteres bemerkenswertes Restaurant ist das Dudu in Berlin. Hier gibt es Gerichte aus Asien und Peru. Das Keramikgeschirr von Dudu ist von der Inhaberin selbst getöpfert. Oder das Iko in Osnabrück, die Küche von Tom Elstermeyer zeigt japanische Einflüsse. Der Koch und Inhaber stellt seine Teller und Schalen ebenfalls selbst aus Ton her und gibt auch Töpferkurse; ein Blumenladen gehört mit zum Konzept Als Trend lässt sich hier ableiten: Insgesamt gibt es wieder mehr Wertschätzung für das Handwerk und die Handwerker. Auf dem gedeckten Tisch im Restaurant wird das Prinzip des „Mix + Match“ umgesetzt. Was auf dem Teller ist, muss geschmacklich und handwerklich perfekt sein und harmonieren.
tischgespraech.de: Einer Ihrer Schwerpunkte liegt im Bereich Glas/Porzellan und Wohnen. Welche Trends bestimmen hier aktuell das Geschehen?
Natascha Glunz-Küpper: Für den gedeckten Tisch der Zukunft gilt folgendes: Es gibt mehr Wertschätzung für das Produkt – also für das Porzellan, Tafelsilber, Glas, Kochgeschirr usw. Man setzt auf zeitgenössische Handwerkskunst – die Produkte sollen haptisch und mit allen Sinnen erlebbar sein. Stefanie Hering hat hier den Begriff des „mindful luxury“ Konsumenten geprägt. Es gilt, sich vom Überangebot abzusetzen. Porzellan und Keramikprodukte zeigen Charakter. Dazu gehören zum Beispiel kunstvolle Lasuren, eine archaische Extravaganz, strukturierte Oberflächen, Sprenkelmuster, Matt/Glanz-Effekte oder Porzellan aus Biskuit. Besteck wird farbig, vor allem sind das verschiedene Metallfarben, auch bei Glas dominiert Farbe. Neu ist ein Mix + Match der Größen sowie der Formen und Strukturen von Keramikteilen. Bei Blumenvasen gibt es eine neue Vielfalt; Bouquets sind wieder stark im Kommen. Ein weiterer Trend ist „The gift to be simple!“, er greift die Lebensphilosophie der Shaker auf. Die „British Craft Makers“, ein Zusammenschluss britischer Handwerker, sind sozusagen die moderne Variante der Shakers. Das genaue Gegenteil davon ist das „Das Goldene Zeitalter“ – das bringt Opulenz in Farbe und Formen auf den gedeckten Tisch. Mit den Farben Rot und Pink sowie aufwendig gestalteten Blumenbouquets sowie Blumendrucken für Tischwäsche. Geometrisch abgesetzte Farbfelder gibt es beim Colour-Clash a la Bauhaus. Ein wichtiger Impulsgeber für die Keramik-Szene ist Serax , ein belgischer Hersteller für Tischaccessoires, der mit Künstlern und Handwerkern arbeitet.
2019 ist Bauhaus Jahr. Auf dem gedeckten Tisch zeigt sich das durch Produkte in einer geometrischen Formensprache, Reduktion wird Gestaltungsprinzip. Das Designcredo lautet „Produkte, die unser Leben vereinfachen“. Beispielsgebend sind Marianne Brandt, Kanne aus Metall, Wilhelm Wagenfeld, Eiercuttler, Marguerite Friedlaender, KPM, Walter Gropius, Rosenthal, Theodor Bogler und Hedwig Bollhagen.
tischgespraech.de: Sie haben mit der Trendberatung für die Industrie begonnen, in den letzten Jahren hat sich ihr Schwerpunkt in Richtung Handel verlagert. Wie sollte sich Ihrer Meinung nach der Handel heute aufstellen, um den Verbraucher Orientierung zu geben?
Natascha Glunz-Küpper: Hier gibt es einige Fachgeschäfte, die das ausgezeichnet machen. In Eindhoven zum Beispiel die Welt des Piet Hein Eek . Das Konzept umfasst Galerie, Werkstatt, Möbel und Wohnaccessoires sowie Gastronomie. Zur Design Week Eindhoven ist das auch ein Ort der Begegnung. Unsere Neuentdeckung in Köln ist das fivve, store spa Yoga. Ein heller luftiger Store auf zwei Ebenen. Minimalistisches Shopdesign mit viel Platz für schöne Dinge, Kosmetik- und Yoga Workshops. Die sympathische Inhaberin Stefanie Ewertz hat sich viel Zeit genommen, um das neue Konzept von fivve zu erklären. Handgefertigte Wohnaccessoires und Naturkosmetik Made in Europa, Japan und den USA aus Manufakturen mit klarem Design, guter Verarbeitung und nachhaltigen Materialien werden angeboten. Kosmetik von Hauschka bis Susanne Kaufmann, Duft und Porzellan von Astier de Villatte, feinster japanischer Frottee von Kenkawai, Küchenutensilien von Malle w. Trousseau, ein Dayspa und ein lichter Raum für Aerial Yoga sind das Angebot im fivve. Ein Paradies für Ästheten, Genießer und Individualisten, die sich mit schönen Dingen umgeben und pflegen möchten. Die Geschichte hinter jedem Produkt interessiert die Inhaber.
Wer Bücher liebt und auch gerne persönliche Empfehlungen dazu wünscht, sollte in dem Buch- und Designshop „Siebter Himmel“, ebenfalls in Köln, unbedingt stöbern. Hier fühlt man sich wirklich wie im siebten Himmel und schnell vergeht eine Stunde bevor man den „Büchertempel“ wieder verlässt. Neugierige, mit der Leidenschaft für ausgesuchte Wohnprodukte, z.B. von Marimekko (Keramik und Textilien), Räder, Süßes, Feines für Kinder zum Lesen und Spielen und tolle Postkarten, finden hier Schönes zum Verschenken oder Selberbehalten.
Nach wie trendgebend ist das Manufaktum Konzept. Es lässt sich am besten mit konzentriert, wertschätzend, umweltverträgliche Produkte und Kennerschaft beschreiben. Kennerschaft. Ein tolles Online-Konzept mit stationären DIY-Workshops in Szeneshops ist Bloomon Blumen Handel.
Ein ganz wichtiger soziokultureller Trend: Unsere vernetzte Gesellschaft wird bestimmt durch verschiedene soziale Techniken wie das Zusammenarbeiten – weil sie menschliche Potenziale zur Entfaltung bringen. Konsumenten werden zu Produzenten, seelenlose Massenware verliert an Reiz gegenüber Selbstgemachtem, Selbstgebautem, Selbstrepariertem. Die Maker-Bewegung ist die konsequente Verbindung von Open Innovation und Crowdsourcing.
Diese Beispiele zeigen, was der Handel tun kann, um Verbraucher an sich zu binden. Events sind eine wichtige Maßnahme ebenso wie DIY-Worksops, zudem werden auch viele Onlinehändler sichtbar (Outlet Store Berlin Zalando).
tischgespraech.de: Frau Glunz-Küpper, danke für das Gespräch!