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AutorenbildHartmut Kamphausen

Regionale Marktplätze stärken den stationären Handel

- HINTERGRUND -

 

Die besondere Situation der letzten Monate hat den stationären Handel vor besondere Aufgaben gestellt. Eine davon: der schnelle Auf- bzw. Ausbau der digitalen Vertriebswege. Ein Ansatz dabei sind regionale Marktplätze im Internet. Das funktionierende Modellprojekt in Siegen lässt sich durchaus schnell kopieren, sagt der Initiator. Eine punktuelle Bestandsaufnahme.

Eine Studie des Digitalverbandes Bitkom aus dem November des letzten Jahres zeigt deutlich, dass sich die Konsumentinnen und Konsumenten digitale Angebote ihrer lokalen und regionalen Händler wünschen, diese aber oft nicht vorhanden sind. Die Folge: Es erfolgt der Klick auf die bekannten und überregionalen bzw. international agierenden Marktplätze, bei denen man ohnehin angemeldet ist. Dabei ist der Wunsch, den ansässigen Handel zu unterstützen, durchaus ausgeprägt, wie die Studie ebenfalls aufzeigt. „Es geht darum, den lokalen Einkauf im Internet für die Kundinnen und Kunden zur Gewohnheit zu machen und zu zeigen, dass die individuellen Einkaufsgewohnheiten auch digital abzubilden sind“, beschreibt Patrick Schulte eine der zentralen Aufgaben von regionalen Marktplätzen im Internet. Schulte hat mit Lozuka einen digitalen Marktplatz für die Region Siegen aufgesetzt, der inzwischen mehrfach in andere Regionen übertragen worden ist, auch auf internationaler Ebene.

Das Konzept von Patrick Schulte verbindet den stationären Handel quer durch alle Sortimentsbereiche. Die Käuferinnen und Käufer können sich die frischen Brötchen vom Bäcker, das Fleisch vom Metzger und die Blumen vom Floristen ebenso liefern lassen wie den Schmuck vom Juwelier und die Hose vom Modehaus. Alles wird auf täglichen Fahrten vom Lozuka-eigenen Lieferdienst – mit E-Mobilen und gerechtem Stundenlohn für die Fahrerinnen und Fahrer – ausgefahren und an der Haustüre übergeben. Damit werden über die reine Warenbereitstellung viele Aspekte bis hin zur persönlichen Ansprechpartnerin an der Telefonhotline, bei Lozuka die „gute Fee“ genannt, erfüllt, die in Sachen E-Commerce immer wieder diskutiert werden.

In Corona-Zeiten, vor allem in den Lockdown-Phasen mit der Schließung der Nonfood-Läden, hat sich das System bewährt: mehr Kundinnen und Kunden, größere Warenkörbe und, für die Perspektive wichtig, auch nach Ende des Lockdowns sind die Aktivitäten der Einkäuferinnen und Einkäufer auf dem Marktplatz gleich geblieben. „Entscheidend ist es“, so Schulte, „den Marktplatz im Rahmen der Einkaufsgewohnheiten zu etablieren und zu einer festen Größe zu machen.“


Die Entwicklung deckt sich mit den Zahlen, die der bevh, Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V., jetzt vorgelegt hat: Obwohl während der gesamten Corona-Krise Lebensmittelhandel, Drogerien und Apotheken nie geschlossen hatten, legte im Onlinehandel das Cluster „täglicher Bedarf“ prozentual am stärksten zu. Ein regionaler Marktplatz, davon ist Patrick Schulte überzeugt, kann in einem solchen Szenario Mitnahmeeffekte auch für andere Sortimente liefern. „Es geht darum, den Euro beim Einkaufen in der Region zu halten“, ist sein Ziel.


An E-Commerce führt kein Weg vorbei


Auch der bevh sieht die Notwendigkeit des stationären (Innenstadt-)Handels, sich digital aufzustellen. „Die gesellschaftliche und politische Debatte muss deshalb ihre Perspektive gründlich ändern: E-Commerce und seine Prozesse sind künftig die Basis, von der aus Kunden ihren Einkauf beginnen“, sagt Gero Furchheim, bevh-Präsident und Sprecher des Vorstands der Cairo AG, „die Innenstädte und der Einzelhandel brauchen dieses digitale Fundament, um mit ihren stationären Angeboten den Kunden noch Mehrwerte zu bieten. Die Stadtentwicklung muss sich dieser Realität endlich stellen und diejenigen konsequent einbinden, die den neuen Handel gestalten.“


Im ersten Lockdown stand denn auch, so zeigen weitere Umfrageergebnisse, der Ausbau der Digitalisierung und des E-Commerce auf der Prioritätenliste des Handels weit oben, rutschte aber nach Ladenöffnung wieder etwas ab. „Das deckt sich mit unserer Erfahrung“, so Patrick Schulte, „während des ersten Lockdowns wurden wir quasi mit Anfragen überrannt, jetzt zeigt sich eher eine Konsolidierung bei den Aktivitäten.“


Verständlich wird die nach wie vor vorhandene Zurückhaltung bei den Kosten für Onlineshops und deren Vermarktung, wenn ein Händler dies alleine umsetzt. Für Handelsunternehmen, die neu einsteigen oder deutlich aufrüsten wollen, stellt sich in der aktuellen Situation unweigerlich die Frage, ob dies die letzte große Investition ist, die getätigt wird. Die Alternative der Marktplätze zu nutzen, bietet sich da an. Fast jeder zweite im E-Commerce umgesetzte Euro wurde auf Onlinemarktplätzen und Plattformen getätigt, sagen die Zahlen des bevh.


Patrick Schulte hat mit seinem Unternehmen Billiton die Konzeption, Funktionalität und Technik hinter der regionalen Handelsplattform Lozuka aufgesetzt und kontinuierlich weiter entwickelt. Die Zeit der Pandemie hat man genutzt, um verschiedene Elemente im ursprünglichen Konzept noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und zu verbessern: „Wir haben hier ein Reallabor zur Verfügung“, beschreibt Schulte die Situation, „mit dem wir Dinge ausprobieren können und direkt eine Rückmeldung von den Usern aus dem Marktplatz erhalten.“ So wurde beispielsweise in den letzten Monaten die Frage des Payments neu gelöst – das Bezahlen ist jetzt ebenso wie das Bestellen per App möglich –, die Grundgebühr für den teilnehmenden Handel abgeschafft und auch eine Kundenkarte mit regional gebundener Rabatt- und Bezahlfunktion entwickelt. „Das System läuft absolut rund und der Onlinekanal ist für viele teilnehmenden Händler zu einer wichtigen Umsatzsäule geworden“, so Schulte.

Einen wichtigen Unterschied zu anderen regionalen Lösungen sieht er in der Konzentration auf den Handel. Während Stadtportale das breite Feld von Veranstaltungen, Dienstleistungen und dem Handel abdecken wollen, ist Lozuka ein reiner Handelsmarktplatz. „Bei den anderen Lösungen kommen die spezifischen Erfordernisse des Handels zu kurz“, sagt Patrick Schulte. Und auch die Variante, dass national oder international agierende Anbieter sich um eine Region kümmern, liefert aus seiner Sicht keine zufrieden stellenden Lösungen. Deshalb wird im Lozuka-Konzept zwar die universell einsetzbare Technik und der zentrale Support genutzt, Entscheidungen und die Verantwortlichkeit aber in der Region angesiedelt.


E-Commerce entmystifizieren


Das Problem, den richtigen E-Commerce-Weg zu finden, besteht für zahlreiche Handelshäuser nach wie vor. Neben der Frage des Wie stellt sich natürlich immer auch die Kostenfrage. „Das Geschäftsmodell von Lozuka wächst organisch und lässt sich skalieren“, so Schulte, „wenn fünf oder sechs Händler mit lokaler Relevanz sich zusammentun, ist damit schon eine Basis gegeben. Andere Händler werden dann schnell folgen“, ist seine Erfahrung und verweist auf die derzeit ausgesetzte Einrichtungsgebühr und die Servicekosten, die inklusive Logistik und Dienstleistungen unter den Sätzen der internationalen Marktplätze liegen. „Wir wollen die Barriere so niedrig wie möglich ansetzen und das Thema entmystifizieren“, unterstreicht Schulte.


Eines ist für den Lozuka-Initiator klar: „Die Schere im Handel wird zwischen den Unternehmen, die aktiv E-Commerce betreiben und denen, die dies nicht zum Teil ihrer Strategie machen, weiter auseinandergehen.“ „Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung des Handels hin zum E-Commerce deutlich beschleunigt“, sagt bevh-Präsident Gero Furchheim, „diese Entwicklung wird sich nicht mehr umkehren.“


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