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  • AutorenbildChristine Dicker

Kahla stellt Weichen für die Zukunft

- HINTERGRUND -

 

Wie geht es Kahla? Erst die Insolvenz in Eigenregie, dann das Corona-Virus. Holger Raithel, seit 2005 Geschäftsführender Gesellschafter der Kahla/Thüringen Porzellan GmbH, über Krisenbewältigung, Digitalisierung und Chancen des Produktionsstandorts:


Raithel ist froh und dankbar, dass weder die Mitarbeitenden noch deren Familien persönlich von Covid-19 betroffen sind. Bereits im Februar wurden die ersten Schutzmaßnahmen eingeführt, als ein großes Vertriebsteam zur Ambiente, der weltweit größten Konsumgütermesse, nach Frankfurt reiste. Dank Verhaltensregeln, Aufklärung, Umstrukturierung der Schichtwechsel und Einrichtung von Homeoffice-Arbeit ist gelungen, die Ansteckung oder den Ausbruch der Krankheit zu vermeiden und Familien mit Kindern ein wenig zu entlasten.


Wie haben die Arbeitnehmer auf die Veränderungen reagiert? In den vergangenen Wochen haben das gegenseitige Verständnis, die Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Einsatzbereitschaft einen echten Sprung erlebt, so Raithel. „Wir sind agiler, flexibler, transparenter und digitaler geworden. Eine extrem schnelle Transformation für einen Porzellanhersteller mit beachtlicher Tradition und langjährigen Mitarbeitern! Das Work-Life-Blending, sprich die Vermischung aus Lebens- und Arbeitszeit, wird von den zahlreichen Elternteilen im Unternehmen meist hervorragend gemeistert.“ Ausgesprochen stolz ist der Geschäftsführende Gesellschafter auf seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die ökonomischen Auswirkungen des Lockdowns dürften problematischer sein. Wer kauft denn noch preisgekrönte Designprodukte aus deutscher Fertigung, wenn alle Restaurants und Geschäfte geschlossen sind, stellt Raithel die Frage.


Und weiter: „Als der Lockdown entschieden wurde, hatten wir noch einen beachtlichen Auftragsüberhang, den wir produzieren konnten. Leider schlossen viele Restaurants, Möbel- und Warenhäuser mit ihren Ladenlokalen ebenso ihre Warenannahme. Allerdings erlebten wir ein starkes Wachstum unserer Online-Umsätze. Wir verlagerten in der dritten LockdownWoche unseren jährlichen Ostermarkt, der üblicherweise im Werksverkauf in Kahla stattfindet, in unseren Onlineshop und luden unsere Kunden zum ersten virtuellen Schnäppchenmarkt ein. Wir zählten 12.000 Besucher – viel mehr als zum klassischen Markt – und erzielten mit attraktiven Angeboten, Geschenken und Designobjekten den besten Online-Wochenumsatz des laufenden Jahres.“


Mittlerweile seien der Werksverkauf in Kahla, der Flagship-Store in Berlin und die Outlets in den Outlet-Centern wieder geöffnet. Allerdings habe das Online-Geschäft die Verluste aus dem Einzelhandel und der Gastronomie nicht kompensieren können. Und das Minus, das durch den Lockdown entstanden sei, lasse sich nur schwer wieder komplett aufholen. Für Kahla zahles es sich jetzt aus, dass Raithels Vater mit der Neugründung das Unternehmen auf vier stabile, internationale Säulen gestellt habe: Haushaltsporzellan, gastronomisches Geschirr, individuelle Werbemittel und Auftragsproduktion. Raithel: „Kahla individualisiert Porzellan mithilfe von patentierten Technologien von einem Stück – Losgröße 1 – bis mehrere Millionen Stück. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal, in das wir lange vor Corona investiert haben. Einige Händler und Distributoren zeigen sich äußerst solidarisch und platzieren gerade jetzt neue Aufträge, um uns durch die schwere Zeit zu helfen.“Und wie geht es weiter? Bis Ende April konnte das Unternehmen mit voller Auslastung produzieren. „Aber wir müssen flexibel bleiben und jeden einzelnen Tag neue Entscheidungen hinsichtlich des Arbeits- und Produktionsvolumens treffen, das natürlich vom Auftragseingang abhängt. Unsere Lager sind gut gefüllt und wir freuen uns auf zahlreiche Bestellungen, auch aus der Gastronomie, die sehr faire Einkaufskonditionen erwarten darf,“ so Raithel.


Dank "Made in Germany"-Strategie kann Kahla während der Corona-Krise mit hervorragender Qualität und zuverlässiger Lieferung punkten. Ein Vorteil, der laut Raithel bleiben werde. Er sei davon überzeugt, dass alle Unternehmen weltweit ihre Lieferketten und Geschäftsmodelle in diesen Tagen überprüfen. „Wir erhielten Anfragen von Importeuren, die nach Einfuhrschwierigkeiten chinesischer Lieferungen über den Einkauf von in Deutschland gefertigter Qualitätsware nachdenken. Kahla lieferte beispielsweise bisher erfolgreich nach China und Korea.“


Multifunktionales Design, Sorgfalt und Liebe zum Detail, Tradition und Innovation vereint in einer Marke: Das beeindruckt auch Konsumenten in Fernost. Der barrierefreie, globale Handel bleibt für alle deutschen Hersteller zwingend notwendig. Wird sich der weltweite Markt von einem Premiumprodukt im mittleren Preissegment, weder Luxusgut, noch Billigimport, überzeugen lassen? Dazu kommt ein klares Ja von Raithel: „Unsere Gesellschaft lernt gerade schmerzlicher denn je zuvor, wie wichtig Werte wie körperliche und seelische Gesundheit, gesellschaftlicher Zusammenhalt, ökologisches Handeln und Umweltschutz sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass es für ein familienfreundliches Unternehmen, das den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, den Einsatz natürlicher Rohstoffe, Nachwuchsförderung und regionale Fertigung als Zentrum seiner Marken-DNA definiert, eine Zukunft gibt.


Mit der 'Kahla pro Öko'-Strategie sind wir einzigartig in unserem Markt. Wir produzieren mit unserer eigenen Photovoltaikanlage Strom aus Sonnenenergie, recyceln unser Brauchwasser und haben erst kürzlich eine Wärmerückgewinnungsanlage in Betrieb genommen. Die moderne Ofentechnologie reduziert den CO2-Ausstoß maximal. Die Günther-Raithel-Stiftung kümmert sich um junge Künstler, Keramiker und Designer, die wir regelmäßig zu uns einladen. Das ist nicht nur sozial, sondern auch visionär. All diese Investitionen dienen der Zukunft – von Menschen, die in einer besseren und natürlich auch schöneren Welt leben sollen.“

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