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AutorenbildHartmut Kamphausen

Offener Brief von Georg Fröhlich, Fa. Donat Hutter

- HINTERGRUND -

 

Über mehr als vier Jahrzehnte ist Georg Fröhlich in der Branche tätig: als Inhaber und Geschäftsführer des Fachgeschäftes Donat Hutter in Freystadt, in Gremien von Einkaufsverbänden, als Vorsitzender einer Fachhandelsorganisation, als engagierter Ratgeber und kritischer Zwischenrufer. Jetzt meldet er sich mit einem offenen Brief und der Bitte an die Branchenbeteiligten, sich in der Corona-Situation auf das Wesentliche zu fokussieren. Reaktionen auf seine Meinung sind der Redaktion herzlich willkommen.


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Krise hat uns im Griff gehabt und hat uns auch immer noch im Griff. Ein Teil von uns hat sie überstanden, ein Teil hat sie gut überstanden, ein Teil wird sie nicht überstehen.

Als Ministerpräsident Dr. Markus Söder uns am 16. März verkündet hat, dass wir ab 18. März schließen müssen, haben wir eine Mitarbeiterzusammenkunft um 18 Uhr einberufen, das weitere Vorgehen abgesprochen und uns versichert: In jeder Krise liegt auch eine Chance.


Daran hat sich nichts geändert. Wir dürfen wieder öffnen. Unser EK hat sich für uns stark in die Waagschale geworfen und uns sehr geholfen. Die Industrie hat zum Teil ihren Unwillen darüber geäußert, was in meinen Augen von keiner geistigen Größe zeugt. Hat sich der EK bereichert oder für eine Zukunft seiner Mitglieder gesorgt?


Und jetzt bei der Industrie? Jetzt gibt es Welcome back Aktionen, fünf Prozent Überlebensrabatt und und und.


Für mich sind dies Beweise für die Fähigkeiten der Personen, die glauben, dass dies jetzt die größte Notwendigekit und die Rettung des stationären Handels ist.

Lassen wir mal das Rufen nach Buy-Local-Gutscheinen, nach nochmals Steuervergünstigungen (nehmen wir gerne an) aussen vor. Für mich kann es von Industrie und Verband/ Großhandel nur zwei Aktivitäten geben:


Eine gemeinsame konzertierte Aktion für ein schöneres Zuhause. Ein Kollege nennt es „Gönn Dir was“ – finde ich auch sehr gut. Das Zuhause ist verstärkt in den Mittelpunkt gerückt und kann viel mehr Aufmerksamkeit erzielen. Nach einer Studie der gfu, Berlin hat im April 2020 die Backtätigkeit in den Haushalten um 30 % zugenommen gegenüber 2019. Wo ist die Koch- oder Backsendung mit der nachfolgenden Präsentation der Speisen? Wo die Plakataktion „Für ein schöneres zuhause?“ Dies kann nicht von einem Hersteller aus gehen, aber als Führungskraft würde ich jetzt zum Telefon greifen, mir bekannte Führungskräfte anrufen und über die mögliche Verwirklichung diskutieren. Verbunden mit Buy local – sehr gut. Aber der nächste Punkt wäre in diesem Fall zielführender, weil er buy local automatisch zum größten Teil beinhalten würde.


Zum zweiten: Die Regierungen haben eine Schließung der stationären Verkaufsflächen beschlossen, während einerseits der Onlinehandel unberührt blieb, andererseits unsere Wettbewerber auf der Fläche (Verbrauchermärkte, später auch Baumärkte) unsere Sortimente verkauft haben. Mit großem Erfolg, zu unserem Nachteil, der in manchen Fällen bis zur Existenzgefährdung reicht. Einer unserer Hersteller meldet einen Auftragseingang mit + 230 Prozent! Die Politik hat einen klaren Trennstrich gezogen zwischen stationärem, sortimentsbezogenen Einzelhandel und dem Rest. Von den Führungskräften der Industrie erwarte und verlange ich jetzt den Gang zum Bundeskartellamt. Wenn die Politik eine Trennung zwischen stationärem Handel und Onlinehandel erlaubt und bewusst zieht, kann sich dem das Bundeskartellamt nicht verwehren. Es müssen jetzt blitzschnell Sortimente oder wenigstens Angebote erlaubt sein, die nur dem stationärem Handel zwecks Existenzsicherung zur Verfügung stehen. Wie beim Shutdown – innerhalb von wenigen Tagen.


Wenn das Kartellamt dies nicht einsehen sollte, würde ich – wenn ich eine Führungskraft wäre – sofort einen Termin beim Bundesministerium für Wirtschaft, am besten natürlich ganz oben beim Minister Altmeier selbst erbitten, um diesen eventuellen Widerspruch aufzuklären. Die Politik hat die Trennung geschaffen und geduldet, jetzt sollten wir nicht lamentieren, sondern die Politik mit genau dieser Vorgehensweise konfrontieren.


Es geht um Existenzen. Glauben Sie, liebe Industrie, diese mit fünf Prozent „Welcome-Rabatt“ zu retten? Oder gar für die Zukunft zu sichern? Werden Sie Ihrer Verantwortung gegenüber Ihren Handelspartnern endlich gerecht – stehen Sie auf und kämpfen Sie. Für uns – Ihre Kunden und Abnehmer.


Und für uns als Händler wäre es ebenfalls sehr interessant, wer zuerst aktiv wird und wer abwartet. Auch dies ist ein Zeichen.


Wir unterstützen Sie mit vollem Einsatz. Wegen unserer Zukunft, die mit solch einem Vorgehen mehr abgesichert wäre, als mit fünf Prozent Überlebensrabatt.


In jeder Krise liegt auch eine Chance.


Ihr Georg Fröhlich



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